Headerbild. Schwarzer Telefonhörer auf rotem Untergrund.

Sell-in, sell-out: Der perfekte Medien-Pitch

Der durchschnittliche Mensch muss pro Tag um die 34 Gb (Gigabytes) an Informationen verarbeiten. Auch in der Medienlandschaft ist es nicht leichter geworden, ein Thema zu platzieren. Die wenigsten Themen schaffen es allein durch den Versand einer Pressemitteilung veröffentlicht zu werden. Was also tun? Die Journalist:innen am besten direkt ansprechen! Ja: sprechen.

Natürlich kann man auch per Mail pitchen. Das Netz ist voll mit Tipps dazu. Aber wie viele Mails landen ungelesen im Papierkorb? Ein direkter Draht zu den Journalist:innen ist auch im Sinne der Kontaktpflege viel mehr wert als eine schnöde Mail. Also ran an den Hörer!

Ich habe mir an dieser Stelle sämtliche Pitch-Wortspiele gespart. Wer mich kennt weiß, wie schwer mir das gefallen ist. Dennoch wollte ich mit gutem Beispiel vorangehen – ein guter Medien-Pitch sollte nach Möglichkeit originell sein. Was es sonst noch zu beachten gibt, erläutere ich in diesem Beitrag. Vorab noch zwei generelle Hinweise:

1) Ein guter Medien-Pitch erfordert neben Verkaufsgeschick einen nicht zu unterschätzenden Haufen an Recherche und Vorarbeit. Daraus folgt,

2) lieber Abstand nehmen vom Prinzip Gießkanne und sich nur auf die Medien konzentrieren, die am besten zu mir und meinem Thema passen.

Kim Kardashian mit iPhone im Bett.
Viele Menschen telefonieren nicht gerne. Aber ein Pitch übers Telefon hat ganz klare Vorteile: unmittelbares Feedback und persönliche Kontaktpflege (- oder Kontaktaufbau).

1. Recherche, Recherche, Recherche

Bevor ich herausfinden kann, welche Medien und Journos am besten zu meinem Thema passen, muss ich mir erstmal Gedanken machen, was ich überhaupt anzubieten habe. Wie so oft funktionieren auch hier Stories gut. Sobald meine Story sitzt, ergibt sich manchmal schon von selbst, welches Medienformat das passende ist: Pressemitteilung, Pressekonferenz,  Redaktionsgespräch, ein Autorenbeitrag, ein Interview mit einem/einer meiner Expert:innen oder dem/der CEO oder eine Medienkooperation. 

Es kann hier sinnvoll sein, sich nicht zu früh auf ein Medium festzulegen. Ein Interview muss nicht notwendigerweise in einer Zeitung erscheinen – ich könnte meine/n CEO auch in einem bekannten Branchen-Podcast auftreten lassen. Möchte ich aber eine bestimmte Zielgruppe erreichen, die beispielsweise eine sehr hohe Durchsetzungsquote von Wirtschaftswoche-Lesern hat – naja, dann komme ich um die Anfrage im Themenressort der Wirtschaftswoche eben nicht herum.

Führende Branchen-Podcasts können auch ein gutes Medium sein. Allerdings sollte vor einer Anfrage recherchiert werden, ob z.B. Unternehmensvertreter:innen überhaupt zu den üblichen Gästen zählen.

Speaking of Themenressort. Sobald ich mir im Klaren darüber bin, was ich zu bieten habe und in welchem Format, kann ich mich an die Recherche machen. Ein erfolgreicher Themen-Sell-in funktioniert meist nur mit guter Vorkenntnis. Viele machen beim Pitchen den klassischen Fehler zu denken, ihre Story an sich sei schon so fantastisch, dass sie die Leute schon ohne weiteres überzeugen wird. Aber jede noch so überzeugende Geschichte ist wertlos, wenn sie bei dem/der falschen Adressat:in landet. 

Das Internet hat hier vieles einfacher gemacht. Viele Medienseiten lassen sich nach Themen und oder Autor:innen durchsuchen. Ich sollte schauen: Wer hat in letzter Zeit mein Thema bearbeitet? Gibt es ggf. Beiträge, die inhaltlich zu meiner Geschichte passen und auf die ich Bezug nehmen kann? Welche Themen interessieren die Journalist:innen? 

Es freut (nicht nur) Journalist:innen, wenn sie merken, dass sich jemand mit ihrem Portfolio und ihrer Arbeit auseinandergesetzt hat. Hierbei schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Man erreicht Menschen nun mal über ihren persönlichen Narzissmus (das ist nicht unethisch, sondern einfach gute Kommunikation. Die Grenze zum Schleimen sollte natürlich nicht überschritten werden: sachlich bleiben!) – und man hat außerdem einen guten Aufhänger für sein eigenes Thema. Schaffe ich es, meine Geschichte bereits im ersten Gespräch sinnvoll ins das Jounalist:innen-Portfolio einzuordnen, erzeuge ich im Idealfall direkt eine gute Story im Kopf meines Gegenübers. 

Aber:Hat ein:e Journalist:in erst kürzlich genau zu diesem Thema berichtet oder mein Zielmedium eine Sonderausgabe dazu veröffentlicht, kann ich davon ausgehen, dass in der nächsten Zeit erstmal andere Themen auf der Prioritätenliste stehen. 

Und noch ein Tipp: Wenn eine Internet- oder Mediendatenbank keine zuverlässige Auskunft darüber gibt, wer mein:e Ansprechpartner:in ist, kann auch ein Anruf im Sekretariat der Redaktion helfen. Wer nett fragt, bekommt oft eine brauchbare Antwort.

2. Ran an den Hörer

Eine Sache noch, bevor gewählt wird: Wie bei Vielem im Leben ist auch beim Medien-Pitch der richtige Zeitpunkt entscheidend. Hier hilft es, die Redaktions-Abläufe zu kennen. Als Faustregel gilt: nicht Montagvormittag und auch nicht Freitagnachmittag und am besten generell nicht nach 16 Uhr. Irgendwann möchten die Journalist:innen auch mal ungestört arbeiten. Auch wichtig: Themen nicht zu zeitkritisch anbieten. Wer kurz vor der Redaktionskonferenz anruft, um ein Thema zu pitchen, suggeriert dem Gegenüber: “Ich kenne deine Arbeitsweise nicht.” 

Das Timing stimmt? Also weiter im Text: Die richtige Kontaktperson herauszufinden hat außer der zielgenauen Ansprache noch weitere Vorteile, denn mit persönlichen Kontaktdaten kommt man weiter als mit info@-Adressen. Viele Redaktionen sind jedoch nicht allzu freigiebig mit solchen Infos, weshalb sich eine Recherche in einer Journalist:innen-Datenbank lohnt. 

Falls man nicht so viel Glück hat und eine Zentralnummer anrufen muss, ist es wichtig, sich nicht gleich abwimmeln zu lassen. Aber ganz wichtig: höflich bleiben und nie drängeln! Auch keine Lügengeschichten erfinden. Was jedoch geht – und auch zu empfehlen ist – ist das Erzeugen von Nähe. Probieren Sie es aus; es wird einen signifikanten Unterschied machen, ob Sie nach “Frau Brinkmann” oder “Gisela Brinkmann” fragen. Die Anfrage wirkt direkt vertrauter. Noch besser ist es, wenn man auf einen vorherigen Kontakt verweisen kann (“Ich hatte mit Gisela Brinkmann über abc gesprochen und möchte nun…”).

Manchmal kann auch die größte Charmeoffensive erfolglos bleiben, wenn zum Beispiel generell niemand durchgestellt werden darf. Dann sollte es Ziel sein, zumindest eine persönliche E-Mail-Adresse herauszubekommen und schriftlich anzufragen.

Sollte eine Anfrage erfolglos sein, nicht entmutigen lassen und direkt beim nächsten Kontakt weitermachen.

Habe ich dann das Objekt der Begierde tatsächlich an der Strippe, müssen die Sätze sitzen. Journalist:innen haben wenig Zeit und entscheiden oft binnen Sekunden, ob sie Interesse an meinem Thema haben – oder eben nicht. Ich sollte also schnell zum Punkt kommen – jedoch ohne leere Superlative oder reines Marketing-Blabla. Daher unbedingt vor Beginn des Telefonates die Storyline zurecht legen und dabei bedenken, dass “Wir sind die Besten” keine Geschichte ist. 

Wie aus Botschaften eine Storyline wird

Eine Botschaft allein macht noch keinen guten Pitch. Im besten Fall gibt es mehrere und zusammen ergeben sie eine klare und leicht nachvollziehbare Argumentationslinie: eine Storyline. Wie das geht, ist hier nachzulesen.

Ein Richtwert kann sein: meine Geschichte in fünf Sätzen, möglichst ohne zu viele Nebensätze. Hierbei zählt aber nicht nur der objektive Inhalt – es muss auch ein subjektives Gefühl von Relevanz vermittelt werden. Warum sollte gerade dieses Medium zu diesem Zeitpunkt über mein Anliegen berichten? Schließlich veröffentlichen Jounalist:innen nicht zum Selbstzweck – sie schreiben für ein Publikum. Ich muss also überzeugend darlegen, warum mein Thema für die Zuschauer:innen / Leser:innen oder Zuhöhrer:innen spannend und wichtig ist. 

Was beim persönlichen Gespräch natürlich hilft ist Charisma. Charme, Witz und Smalltalk gehören zu einem Sell-in durchaus dazu. Ein nettes Gespräch mit eine:r schlaghaften Anrufer:in bleibt de:r Journalist:in sicher in positiverer Erinnerung als ein hölzernes Verkaufsgespräch. Falls zum Beispiel gerade kein Interesse am Thema aber generell an meinem Unternehmen/Person/Institution besteht, kann ein sympathisches Telefonat trotzdem ein Türöffner für spätere Zusammenarbeit sein. 

Es gibt die geborenen Verführer:innen, die ihren Gegenübern am Fernsprecher alles verkaufen können. Und alle anderen können üben! Storyline erarbeiten, Kolleg:in schnappen und das Telefonat einmal durchspielen. Im Anschluss evaluieren: Warst du überzeugt? Wo habe ich dich verloren? Und noch ein alter Trick: Beim Telefonieren lächeln! Man hört es.

3. Nach dem Pitch ist vor dem Pitch

Beim Sell-in tritt in der Regel eines von zwei Szenarien ein: 

1) Der/die Journalist:in hat Interesse,
2) oder eben nicht.

Nicht immer bekommt man direkt eine klare Zu- oder Absage. Manchmal bitten die Medienvertreter:innen auch um die Zusendung weiterer Infos. Es ist daher wichtig, bereits vor Beginn der Gespräche ein kleines Infopaket zum Thema zusammenstellen. Das kann ein Factsheet und eine Linksammlung sein, hochauflösende Fotos und Grafiken, bei einem CEO-Thema auch eine Kurz-Vita. Die Infos dann auch direkt an die persönliche E-Mailadresse versenden und nicht an redaktion@. 

Auch im Falle einer direkten Zusage am Telefon sollte im Anschluss nachgefasst werden. In einer persönlichen Mail kann ich meinem Gegenüber für das nette Gespräch und das Interesse danken, außerdem auch gleich ein paar Infos versenden und ggf. schriftlich das besprochene weitere Vorgehen festhalten. Die Mail sollte dennoch möglichst kurz sein und den roten Faden des Gesprächs wieder aufnehmen.

Im Fall einer Absage kann man durchaus höflich nach dem Grund fragen und danach, ob ggf. andere Themen von Interesse sind. Bloß nicht anfangen, den/die Journalist:in zu bequatschen! Lieber die Zeit sinnvoll nutzen und bei der nächsten Person anklopfen.

Aber noch etwas kann eintreten: Nach bekundetem Interesse und versendeten Infos bekomme ich keine Antwort mehr. Und nu? Darf ich nachfragen? Klar! Nach einiger Zeit (je nachdem, wie zeitkritisch das Thema ist und was ggf. schon am Telefon besprochen wurde) ist es durchaus in Ordnung, einmal nachzuhaken. Auch das am besten per Telefon. Ob man auch noch ein zweites Mal nachfragt, hängt vom Kontext ab und von dem Ton, in dem das initiale Gespräch geführt wurde. War das Interesse meines Gegenübers von Vornherein eher zurückhaltend, könnte eine zweite Nachfrage schon übergriffig sein.

Faustregel: Einmal nachhaken geht immer in Ordnung!

Um sich die zukünftigen Sell-ins zu erleichtern, hilft die regelmäßige Pflege einer internen Mediendatenbank oder eines Media Mappings. Wer ohnehin schon ein Tool zum Stakeholder Management intern nutzt, kann das auch für die Pressekontakte nutzen. Ansonsten empfehlen sich Lösungen wie Borealis. Natürlich geht es auch eine Nummer kleiner. Insbesondere, wenn man nicht allzu viele Medienkontakte hat, reicht natürlich auch ein Google-Sheet oder eine Excel-Tabelle. 

Ein gutes Medienmapping enthält u.a. Die folgenden Infos:

  • Medien und Jounalist:innen geclustert nach Medien und Themen.
  • Links zu oder Clippings von Berichten der Journos zu meinem Thema oder ähnlichen relevanten Themen.
  • Infos darüber, wer (in meinem Unternehmen) den/die Journalist:in bereits kontaktiert hat, zu welchem Thema und welche Infos schon herausgegeben wurden.
  • Die Absprachen, die mit dem/der Journalist:in ggf. schon getroffen wurden oder bereits umgesetzte Kooperationen.
  • Ggf. habe ich außerdem Infos darüber, wann und wie die Person am liebsten kommuniziert, wo er oder sie vorher gearbeitet hat oder welche Ansprache in der Vergangenheit gut oder nicht gut funktioniert hat.

 

Alle Informationen, welche die zukünftige Ansprache erleichtern, sind sinnvoll. Es müssen daher nicht nur themenrelevante Infos sein, sondern auch solche über persönliche Vorlieben.

Aus jedem Medien-Pitch kann man Infos und Lektionen für den nächsten mitnehmen. Deshalb lohnt sich eine gründliche Evaluation und Dokumentation – wie bei jedem guten Projektmanagement. 

Was bis hierhin sicher bereits deutlich geworden ist: Medien-Pitches erfordern Zeit und Vorbereitung. Mal eben an einem Nachmittag 100 Leute abzutelefonieren, ist nicht ratsam. Und für beide Seiten unbefriedigend. 

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