Ich persönlich wurde zum erstenmal mit dem Wort “Briefing” im Englischunterricht konfrontiert. Mein Englischlehrer versuchte meinen Mitschüler:innen und mir mehr oder minder erfolgreich zu erklären, wie effizient die englische Sprache sein könne. “Im Englischen kann man einfach sagen “to brief someone” – im Deutschen hingegen müsste das heißen “jemandem erklären, wie er etwas wann und wo zu tun hat.”” Ich war damals nur mäßig beeindruckt, hatte ich doch noch keinen Schimmer, wie sehr mich das Thema später noch einmal beschäftigen sollte.
Herausforderung #1: Ein Briefing, zwei Zielgruppen
Als PR-Mensch kenne ich die Kernbotschaften zu den wichtigsten Themen im Schlaf – der/die CEO, der/die am Termin tatsächlich teilnimmt, auch? In der Regel nicht. Und genau hier liegt die eigentliche Schwierigkeit: Es reicht nicht, ein übersichtliches Papier mit den wichtigsten Hintergrundinfos zusammenzustellen – der/die Gebriefte muss überdies befähigt werden, bei einer dritten Person oder vor einem Publikum Botschaften zu platzieren. Am besten so, dass sie hängenbleiben.
An dieser Stelle sei gesagt, dass auch das beste Briefing kein Sprechtraining ersetzt. Um – insbesondere vor größerem Publikum oder einer Fernsehkamera – spontan einen überzeugenden Auftritt hinzulegen, braucht es natürliches Talent oder Übung. Was ein Briefing aber leisten kann, ist auf einen Blick die wichtigsten Inhalte und Botschaften zu liefern.
Wie bereits angedeutet, hat ein Terminbriefing zwei Zielgruppen. Erstens: Die Person, die das Briefing liest. Zweitens: Die Person(en), bei denen Inhalte und Botschaften eigentlich ankommen sollen. Das können Gemeinderatsmitglieder, Bürger:innen oder potentielle Kund:innen sein.
Wie adressiere ich nun beide Zielgruppen adäquat in einem Briefing? Schwierig, schließlich wird nur eine davon das Ding auch tatsächlich lesen. Zielgruppe Zwei erhält ihre Informationen ausschließlich durch den/die Gebriefte/n. Welche Schlüsse lassen sich daraus für die Erstellung ableiten?
Herausforderung #2: Vorhandenes Wissen vs. benötigtes Wissen
Bevor es mit ein paar praktischen Tipps weitergeht, zuerst noch eine weitere Herausforderung, die einem (nicht nur) bei Terminbriefings begegnet: Informationen zu filtern und sowohl inhaltlich als auch visuell schnell und einfach begreifbar zu machen. Ein häufig beobachtetes Phänomen ist aber ein Zuviel an Information. Und dann auch noch schlecht aufbereitet.
Kein Wunder, denn Briefings werden oft von jemandem verfasst, der/die über ein enormes Fachwissen verfügt. Problem: der/die Gebriefte ist kein/e Fachmann/frau. Das Argument, was ich in dem Kontext oft höre ist “Ja, aber Frau/Herr XY ist doch kein Kind/keine Hausfrau aus Buxtehude/ein studierter Mann/eine gebildete Frau/etc.! Da muss ich doch nicht in Babysprache schreiben.” 1. Ist das diskriminierend gegenüber Hausfrauen aus Buxtehude. Und 2. hat verständliches Schreiben nichts mit Babysprache zu tun. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass Babysprache für die Mehrheit der Bevölkerung mindestens genauso schwer zu verstehen ist wie das Fachchinesisch von BWLerInnen.
Ein weiteres Problem spielt dem ersten, oben bereits genannten, in die Hände und ist altbekannt: zu wenig Zeit. Es mag nicht überraschen, dass ein schlechtes Briefing (oder generell ein schlechter Text) schneller verfasst ist, als ein gutes. Wer von Berufs wegen regelmäßig Texte für Fachpublikum verfasst – von dem/der Ingenieur:in hin zum/zur politischen Referent:in – hat sich einen gewissen Sprachgestus angewöhnt. Diesen situativ zu ändern erfordert Zeit und Übung. Versuchen Sie doch mal, Ihrem Kind oder Nichte/Neffen spontan Ihren Beruf zu erklären. Nicht so einfach, wie man vermuten würde (Stichwort: Babysprache). Und so ist es mit guten Briefings auch. Es ist spielt eine untergeordnete Rolle, ob der/die Verfasser:in die Informationen im Briefing wichtig und verständlich findet. Wichtiger ist, dass der/die Empfänger:in die Informationen schnell und nachhaltig begreifen kann – und nicht jedes dritte Wort nachschlagen muss.
Natürlich kann man nicht in allen Fällen wissen, über welches Vorwissen der/die Leser:in verfügt. Es kann aber oft schon helfen, das Briefing oder Teile davon einer fachfremden Person vorzulegen, um zu prüfen, wo ggf. Verständnisprobleme sein könnten.
Und wo wir schon bei Tipps sind, geht es hier gleich weiter:
Praktische Tipps für gute Briefings als Teil einer Terminvorbereitung
a. Die Basics
Bevor man sich überhaupt ans Schreiben macht, sollte man Fragen stellen. Und zwar die wichtigste vorweg: Habe ich alle Infos, die ich brauche?
Es macht wenig Sinn, einfach mal drauflos zu schreiben und viele generische Infos zu produzieren. Die Inhalte sollten zum Termin passen: Wer sitzt auf dem Podium – und was haben die Teilnehmer kürzlich noch so gesagt? Welche Informationen liegen den Mitgliedern der Gemeinderatssitzung schon vor – und welche nicht? Wer ist mein/e Gegenüber und welche Positionen vertritt er/sie? Welche Themen werden besprochen? Welchen Stil hat der/die Moderator:in?
Erst, wenn alle Details eines Termins stehen, kann ich abschätzen, welche Informationen wirklich benötigt werden. Das kann reichen von Formalia wie Ablaufplan und Anfahrtsskizze zu Personendossiers und Zusammenfassungen der letzten Medienberichterstattung.
Checkliste für das nächste Briefing
Übung macht den Meister. Auch bei der Briefing-Vorbereitung. Wer dabei nicht jedes Mal diesen Blog-Beitrag hervorkramen möchte, kann sich hier gerne unsere Checkliste für gute Briefings herunterladen.
b. Zielorientiertes Briefen: Wofür mache ich das Ganze eigentlich?
Das direkte Ziel des Briefings ist in den meisten Fällen natürlich die bestmögliche Vorbereitung für den/die Empfänger:in. Dahinter verbirgt sich aber noch ein weiteres, und zwar das Ziel des Termins. CEOs sitzen in der Regel selten zum eigenen Vergnügen auf Podien oder Gemeinderatssitzungen. Jede Veranstaltungsteilnahme erfolgt zu einem bestimmten, übergeordneten Zweck – und genau dieser sollte sich im Briefing wiederfinden (Stichwort: Zielgruppe zwei adressieren).
Wie man das macht? Zum Beispiel in dem man sich die Frage stellt, was bei Zielgruppe zwei hängen bleiben soll.
Noch anschaulicher? Gern. Hier ein Beispiel:
Ausgangssituation: Unser Unternehmen/Organisation hat sich an einem Standort in die Nesseln gesetzt – nun soll ein Vorstandsmitglied dem Gemeinderat Rede und Antwort stehen.
1. Frage: Wer ist meine eigentliche Zielgruppe?
Die Mitglieder:innen des Gemeinderates und indirekt auch die Anwohner:innen/Bürger:innen.
2. Frage: Was soll bei dieser Zielgruppe nach dem Termin hängen geblieben sein oder passieren?
- Das Unternehmen / die Organisation ist sich der Situation bewusst und übernimmt Verantwortung.
- Die Entschuldigung ist überzeugend.
- Die notwendigen Schritte sind eingeleitet, um das Problem aus der Welt zu schaffen.
- Es kommen weder Kosten noch Aufwand auf mich/die Gemeinde/die BürgerInnen zu.
- Ich werde die Anwohner:innen/Bürger:innen auf Nachfrage oder sogar proaktiv darüber in Kenntnis setzen.
Nun haben wir also konkret die Ziele, die mit dem Termin erreicht werden sollen: Vertrauensaufbau, Aussprechen einer Entschuldigung, Überzeugen von der eigenen Kompetenz, etc. Genau diese Ziele sollten Eingang das Briefing finden. Es hilft, wenn ein klares Verständnis darüber herrscht, was am Ende erreicht werden soll. Ein gutes Briefing stellt die Zielgruppe(n) vor (Personendossiers z.B.), außerdem die Ziele des Termins.
Botschaften vs. Inhalte
So, nun haben wir unsere Ziele (das “Was”), nun braucht es natürlich noch ein “Wie”. Wie überzeuge ich meine Zielgruppe? Durch Argumente – das Herzstück des Briefings. Schließlich muss der/die Gebriefte auch wissen, was er oder sie sagen soll.
Botschaften und Inhalte stehen hier zueinander in einem Spannungsverhältnis und ergeben bestenfalls ein überzeugendes Argument. Reine Botschaften sind oft inhaltsleer und wirken dadurch beliebig. Ein Beispiel: Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil unserer Unternehmens-DNA.
Das ist grundsätzlich eine gute Botschaft; kurz, prägnant und erzeugt direkt ein Bild im Kopf. Aber: theoretisch könnte das doch jeder sagen? Stimmt. Deshalb kommen nun die Inhalte. Wie oben bereits erwähnt, kranken viele Briefings an einem Zuviel an Inhalten, dennoch bleiben sie unverzichtbar zum Unterfüttern der Botschaften.
Wie bringt man nun beides sinnvoll zusammen? Ein Weg wäre, aus den zuvor definierten Zielen (s.o.) die passenden Botschaften abzuleiten:
Ziel: Als Unternehmen positionieren, das Verantwortung vor Ort übernimmt.
Botschaft: Wir sind in der Region zuhause. Verantwortung für unser Handeln vor Ort zu übernehmen, ist für uns die Basis guter Nachbarschaft.
Das klingt nett, hören die Gemeinderatsmitglieder sicher gerne. Aber eine Behauptung macht noch kein gutes Argument. Daher kommen nun die Inhalte. Wenn man ein Briefing anfertigt und droht, in Textwüsten und Inhalts-Wusten unterzugehen, kann Folgendes helfen: sich pro Ziel ein, zwei Botschaften ableiten und pro Botschaft wiederum die zwei, drei wichtigsten Zahlen und Fakten zusammentragen, welche die Botschaft mit Leben füllen. In der Vergangenheit den Anwohnern schnell und unbürokratisch geholfen? Prima, direkt der passenden Botschaft zuordnen. Gibt es gute Zahlen für Kundenzufriedenheit? Ebenfalls her damit.
Ordnung ist das halbe Briefing
An dieser Stelle folgt nun der obligatorische Hinweis: strukturieren, organisieren, priorisieren. Auch, wenn es selbstverständlich klingt – die Struktur eines Briefings beeinflusst die Lesbarkeit und somit auch die Informationsaufnahme enorm. Das gilt zum Einen für die Gliederung und Formatierung des Briefings als Ganzes aber ebenso für die Einzelteile.
Über den Dreiklang Botschaften – Inhalte – Argumente habe ich oben bereits geschrieben. Damit diese für den/die LeserIn einfacher nachzuvollziehen sind, hilft auch hier ein roter Faden. Denn Menschen merken sich Geschichten leichter als unzusammenhängende Fakten. Man kann sich die Botschaften wie die Gliederung eines Vortrags vorstellen – ein Punkt baut argumentativ und inhaltlich auf dem nächsten auf. Idealerweise ergibt sich hier eine konsistente Storyline.
Außerdem kann es helfen, sich bewusst zu machen, wann, wo und wie das Briefing gelesen wird. Viele Briefings sind so geschrieben, dass man gutes Licht und einen Textmarker braucht. Der/die Gebriefte wird sich in der Realität aber kaum am Tag vor dem Termin eine Stunde an den Schreibtisch setzen und das Dokument vom ersten bis zum letzten Satz durcharbeiten. Häufig wird ein Briefing auf dem Weg zum Termin gelesen – im Flugzeug, in der Bahn, im Taxi.
Das Briefing soll dem/der Empfänger:in Arbeit abnehmen und keine zusätzlich machen. Daher ist es umso wichtiger, dass sowohl die Inhalte kurz und prägnant sind – und zusätzlich die Lesbarkeit durch das Format unterstützt wird. Konkret: große Schrift, ausreichend Zeilenabstand und Absätze. Eine einheitliche Gliederung und Übersicht, welche Infos wo zu finden sind.
Eine denkbare Gliederung könnte die folgende sein (ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit):
- Kerninfos (Name der Veranstaltung, Ort, Datum, Uhrzeit)
- Ablauf
- Ziele
- Botschaften
- Personenprofile/Dossiers (falls erforderlich)
- Weiterführende Informationen (falls erforderlich)
Diese können Antworten auf mögliche kritische Fragen sein, die aktuelle Medienberichterstattung zu einem Thema oder Hintergrundinformationen zu Themen, die für die Botschaften-Sektion zu ausufernd wären wie Factsheets.
Nun könnte sich zum Abschluss noch die Frage stellen: Ganz schön viel Aufwand für “Jemandem-erklären-wie-er-etwas-wann-und-wo-zu-tun-hat”. Mag sein, gute Vorlagen und etwas Übung helfen aber, bei der Erstellung von Briefingunterlagen auf Dauer enorm viel Zeit einzusparen. Und außerdem: Wie viel Zeit, Mühe und Ressourcen fließen oft in die anderweitige Vorbereitung wichtiger Termine? Eben. Es wäre doch schade, wenn das volle Potenzial nicht genutzt werden kann, weil der oder die Akteure schlecht vorbereitet sind.
Briefing-Checkliste zum Mitnehmen
Wer nicht jedes Mal diesen Blogbeitrag hervorkramen möchte, kann sich gerne unsere Checkliste für ein gutes und vollständiges Briefing herunterladen: