Wie dem auch sei – der Versand von Pressemitteilungen ist einer der Hauptkommunikationswege für Organisationen mit Journalist:innen und daher wichtig zu beherrschen. Vielleicht noch ein paar erläuternde Sätze zum Hintergrund vorab. Eine Pressemitteilung muss in erster Linie zwei – recht gegenläufige – Ziele verfolgen: Journalist:innen neugierig machen und möglichst deskriptiv Informationen vermitteln.
Stichwort Aufmerksamkeit: Alle wollen sie, wenige bekommen sie. In einer Welt, in der wir immer mehr Reizen und Informationen ausgesetzt sind, ist es schwer geworden, Menschen noch wirklich neugierig zu machen. Journalist:innen und Medienkonsument:innen haben gemein, dass sie wenig Zeit haben, um die Nachricht zu erfassen. Wenn die Überschrift und der Teaser nicht die Neugierde wecken, hat man verloren.
Hier zeigt sich dann auch die Arbeitsteilung innerhalb des Textformates: Überschriften sollen Neugierde wecken und ein Gefühl von Relevanz erzeugen. Im Fließtext müssen anschließend die wichtigsten Infos direkt an den Anfang. Eine gute PI (Presseinformation) ist von vorne nach hinten kürzbar, alle W-Fragen sind idealerweise im ersten Satz beantwortet. Platz für Meinungsäußerungen bietet sich in den Zitaten.
Eine Liste!
Bevor ich im Detail auf Überschriften und Zitate eingehe (die kreative Spielwiese der PIs), vorweg noch einmal die wichtigsten Stilregeln für das Verfassen von Pressemitteilungen:
Alle W-Fragen beantworten. Und zwar in den ersten zwei bis drei Sätzen: Wer? Was? Wann? Wie? Wo? Und: warum?
- Mit dem Wichtigsten beginnen. Wie bereits erwähnt sollten Pressetexte von vorne nach hinten kürzbar sein. Nach der Beantwortung der W-Fragen sollten alle anderen relevanten Infos (auch Namen von Organisation, Projekt und den wichtigsten Beteiligten) am besten ebenfalls direkt mit in den ersten Absatz. Das inhaltliche Nice-to-have kann im Anschluss folgen (Details zum neuen Stranggießverfahren, der Karriereweg des neuen Führungsteams, etc.).
- Und ruhig auch mal wiederholen. Normalerweise gebietet der Schreibknigge ja so etwas wie Spannungsbögen aufbauen, Wiederholungen vermeiden, etc. Beim Schreiben von Pressemitteilungen sind diese Regeln jedoch außer Kraft gesetzt. Natürlich sollte sich der Text flüssig lesen lassen – aber wichtige Infos und Namen dürfen ruhig mehr als einmal genannt werden.
- In der Gegenwartsform schreiben. Die Aktualität der Meldung sollte sich auch im Tempus wiederfinden: Präsens ist die gängige Zeitform für Pressemeldungen.
- Lesbar schreiben. Die News sollte schnell und möglichst leicht zu erfassen sein. Daher kann als Faustregel gelten: Ein Gedanke pro Satz. Das vermeidet überfrachtete Monstersätze und hilft den Journos, die pro Tag teilweise mehrere Hundert Nachrichten querlesen, auch ein komplexes Thema schnell einzuordnen. Daran schließt sich gleich der nächste Punkt an:
- Füllwörter vermeiden. Sie machen Sätze unnötig lang, ohne Mehrwert zu bieten.
- Neutral formulieren. Oben hatte ich es schon angesprochen, hier aber nochmal der Vollständigkeit halber: Meinungen, emotionale Aufrufe, Wertungen oder kritische Einordnungen/Kommentare gehören in die Zitate – oder in indirekte Rede.
- Nicht ausufern. Ein guter Pressetext bewegt sich irgendwo zwischen einer und maximal zwei Seiten. Weiterführende Infos gehören z.B. in Factsheets oder auf Themen-Webseiten, die mitgeschickt oder verlinkt werden können.
- Keine Formatierungen. Viele Redaktionen kopieren den Text in ihr eigenes Redaktionstool – dann können Silbentrennungen, Aufzählungen oder Fettungen etc. eher hinderlich sein. Am besten linksbündigen Flattersatz ohne Silbentrennung wählen, auf Bullets und Aufzählungen im Fließtext verzichten, ebenso sehr sparsam mit gefetteten, unterstrichenen oder kursiven Wörtern umgehen.
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Der Wald, die Bäume und SEO
Dieses Thema verdient eigentlich einen eigenen Beitrag. Ich möchte es daher an dieser Stelle nicht erschöpfend beantworten, aber wenigstens eine kurze Einschätzung geben. Da viele Pressemeldungen nicht erst seit gestern auch online erscheinen – sowohl auf Presseportalen oder in Online-Medien – kommen auch die PRler:innen nicht um das Thema Search Engine Optimization herum.
Auf die Frage: “Muss ich bei meinen Pressetexten jetzt auch noch auf SEO achten?” wäre meine Antwort ein klares Jein.
Dieses setzt sich zusammen aus den folgenden Gedanken:
Ja – wie bereits erwähnt finden PIs heute den Weg ins Internet und sollten auch dort von googelnden Journalist:innen und anderen Interessent:innen gefunden werden. Es kann daher nicht schaden, beim Schreiben der Meldung gleichzeitig auch etwas für sein Google-Ranking zu tun.
Der einfachste und generell empfehlenswerte Weg ist dabei die Verwendung von Keywords – am google-freundlichsten in der Überschrift, in der Unterschrift und bei Bildbeschreibungen. Dieser Ansatz ist auch deshalb sinnvoll, weil er den Schreiber:innen hilft, ihr Thema aus der Perspektive der Leser:innen zu betrachten. Ich frage nicht: Was will ich loswerden? Sondern: Wonach würden die Leute suchen? Dieser Perspektivwechsel kann auch dabei helfen, meinen Text für das Zielpublikum interessanter zu gestalten.
Link me if you can
Angeblich belohnt Google Texte, die Verlinkungen enthalten. Auch hier: Wenn es sich anbietet, können Verlinkungen auch über Google hinaus sinnvoll sein. Weil sie zu meinem Produkt führen – oder zu einem Factsheet-Download mit nützlichen Hintergrundinfos. Seinen Text mit Links zuzupflastern, nur um das Google-Ranking zu erhöhen, halte ich für Quatsch.
Ebenfalls mag Google Texte, die “leicht lesbar” bzw. scanbar sind. Damit sind zwar auch kurze Sätze und das Setzen von Absätzen gemeint (mögen wir!) – allerdings ergänzend anderweitige Formatierungen wie Listen, Bullets und oder Infokästen. Quasi alles, was auch diesen Blogbeitrag gut lesbar macht. Wie oben bereits beschrieben, mögen Journalist:innen derartige Formatierungen eher weniger, weil das u.A. zusätzliche Arbeit beim Übertragen in Redaktionstoolings bedeutet. Wer Veröffentlichungen in Qualitätsmedien anstrebt sollte ebenfalls vorzugsweise zu ausformulierten Sätzen und weniger zu Listen greifen. Journos müssten aus den Bullets für ihren Artikel wieder ganze Sätze machen. Unter Zeitdruck entscheidet man sich dann ggf. lieber fürs Auslassen.
Was lernen wir daraus? Da ich meine Pressemitteilung in erster Linie an Medienvertreter:innen richte, würde ich auch deren Präferenzen immer den Vorzug geben. Alles, was außerdem noch für SEO funktioniert, ist ein nettes Nice-to-have.
Drunter und drüber: die Überschrift
Das Daimler-Beispiel von oben illustriert schon ein gängiges Problem mit den PI-Überschriften: Die meisten sind zu lang.
Ja – wir wollen die wichtigsten Infos gleich am Anfang unterbringen!
Aber wir wollen auch, dass die Leser:innen neugierig werden und nicht einen viermal gebrochenen unnötig komplexen Satz fünfmal lesen müssen. Das tut niemand gerne und springt lieber weiter zum nächsten Beitrag. Außerdem sprengen sie oft den E-Mail-Betreff und/oder das Template von Presseportalen.
Außerdem ist die Überschrift eine der wenigen kreativen Plätze, die uns so eine Pressemitteilung bietet. Es wäre schade, diese Chance ungenutzt zu lassen.
Gut. Was also ist eine gute Überschrift?
Sie ist kurz und knapp (am besten nicht mehr als 90 Zeichen), bringt das Thema auf den Punkt und animiert zum Lesen.
Klingt nach der berühmten eierlegenden Wollmilchsau? Ist sie auch ein bisschen. Selbst gestandene und geübte Texter:innen können sich an Überschriften schwertun. Die meisten Redaktionen halten deshalb eigene Überschriftenkonferenzen ab. So viel Aufwand muss man sich für die normale Pressemeldung nicht machen. Ich würde aber empfehlen, sich ein paar Vorschläge für eine passende Überschrift zurechtzulegen und diese mit der Hilfe von ein paar Kolleg:innen gegeneinander zu pitchen.
Um bei dem Beispiel von Daimler zu bleiben:
Nächster Meilenstein bei Vertrieb der Zukunft: Mercedes-Benz und FEAC erzielen Einigung und schaffen Grundlage für Einführung des Agenturmodells in Europa
(154 Zeichen)
vs.
Vertrieb der Zukunft: Mercedes-Benz und FEAC legen Grundstein für Agenturmodell in Europa
(89 Zeichen)
Das Original liest sich so, als hätten mindestens fünf unterschiedliche Leute kurz vor Veröffentlichung nochmal drüber gelesen und jede:r wollte unbedingt noch einen Punkt drin haben. Wozu?
- “Nächster Meilenstein” schwächt den “Vertrieb der Zukunft” ab. Aha, der Weg zum Vertrieb der Zukunft scheint sehr lang zu sein, Daimler hat heute einen weiteren kleinen Schritt getan. Süß, aber nicht spannend.
- Außerdem – weiß der/die Leser:in, was die vorangegangenen und folgenden Meilensteine sind? Ist das überhaupt wichtig? Nein? Also weg damit aus der Überschrift. Wenn der Begriff unbedingt fallen muss, kann er das auch im ersten Absatz.
- Und: Einleitende Worte vor einem Doppelpunkt sollten wirklich knackig sein und nicht schon ein eigener komplexer Satz.
- “Grundstein legen” erzeugt direkt ein Bild im Kopf und wäre der Grundlage daher vorzuziehen.
- Warum ist die Einigung wichtig? Gab es einen Streit? Sinnzusammenhänge in den Fließtext, Ergebnisse und Botschaften in die Überschrift.
Do quote me on that: Zitate
Eine Pressemeldung ist kein Meinungsbeitrag und sollte – wie bereits mehrfach erwähnt – möglichst sachlich verfasst sein. Zitate sind dabei eine willkommene Abwechslung. Alle Aussagen, die Sachverhalte bewerten, einordnen oder Forderungen stellen, sind zitatfähig und bieten einen Mehrwert, der über die reine Sachinformation hinaus geht.
Ein Beispiel: Mein Unternehmen baut das Glasfasernetz in einer ländlichen Region aus.
In meinem Pressetext beschreibe ich, wo, wann und wie der Ausbau vonstatten geht, wie viel Geld in das Projekt investiert wird. Nur Fakten, Fakten, Fakten!
Tja – ist das jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht? Ein/e seriöse/r Journalist:in darf in ihrem/seinem Text nicht schreiben: Tolle Sache, das Dorf XYZ kann endlich mit 200 M/Bits surfen! Das wäre ein Meinungsbeitrag des/der Verfasser:in. Es würde heißen: Dorf XYZ bekommt ab Januar 2023 flächendeckenden Glasfaseranschluss.
OK Cool.
Eine Einordnung des Themas – in diesem Fall des Glasfaserausbaus – darf und sollte ausdrücklich in den Zitaten stattfinden. Diese wird der/die Journalist:in gerne direkt übernehmen. Es kann sich daher lohnen, etwas Zeit und Mühe in die Auswahl und Abstimmung guter O-Töne zu investieren. Möchte unser CEO nicht mal wieder öffentlich in Erscheinung treten? Könnte uns vielleicht ein Projektpartner oder der/die Bürgermeister:in von Dorf XYZ ein Testimonial aussprechen?
A little effort goes a long way here.
Und noch ein paar weitere Tipps:
- Den Pressetext nicht direkt mit einem Zitat beginnen. Wir erinnern uns: Erst die W-Fragen und so. Zitate (oder Ausschnitte daraus) können aber gute Botschaften für eine Überschrift sein. Zum Beispiel: “Wir sind in der Zukunft angekommen” Bürgermeister lobt Glasfaserprojekt.
- Zitate und Zitatgeber:innen sorgsam auswählen. Ein Zitat kann ein sinnvolles Format für eine geschickte CEO-Positionierung sein. Wenn sich aber der/die Geschäftsführer:in zu einem Projektdetail äußert, kann das nach außen unglaubwürdig wirken: Aha, der/die möchte auch mal wieder etwas sagen. Denkbar wäre beispielsweise ein allgemeines Mission Statement der Geschäftsführung plus eine konkrete Einschätzung der Projektperson. Letzteres kann auch eine besondere Wertschätzung sein, die man den Mitarbeiter:innen entgegenbringt. Aber Vorsicht: Manche Projektpersonen möchten nicht ins Rampenlicht. Das muss unbedingt geklärt werden, bevor jemandem Worte in den Mund gelegt werden!
- Short and sweet bleiben. Ähnlich den Überschriften sollten auch Zitate kurz, zugespitzt und auf’s erste Lesen verständlich sein. Natürlich dürfen sie länger sein als 90 Zeichen. 😉
- Botschaften setzen und Bildsprache benutzen. Ich habe das Thema tatsächlich schon bei einigen Gelegenheiten hier im Blog aufgegriffen, das macht es jedoch nicht weniger relevant: Bilder bleiben hängen. Es macht einen Unterschied, ob über eine Vier-Gigawatt-Gleichstromleitung gesprochen wird oder über die “Hauptschlagader der Energiewende”.
Tipps für Botschaften, die ankommen? Hier weiterlesen.
Der durchschnittliche Mensch muss pro Tag um die 34 Gb (Gigabytes) an Informationen verarbeiten. Demgegenüber steht unsere sinkende Aufmerksamkeitsspanne: Die meisten Menschen schaffen es heute lediglich 8 Sekunden sich auf einen Sachverhalt zu konzentrieren. Wer also nicht möchte, dass seine/ihre Botschaften nur als Hintergrundgeräusch enden, sollte hier einmal weiterlesen.
How not to: Diese Fehler bitte vermeiden
Ich habe nun eine ganze Reihe an Tipps gegeben, die bei der Erstellung eines Pressetextes zu beachten sind. Der Vollständigkeit halber folgt nun noch eine kurze Übersicht mit Dingen, die bitte außer acht zu lassen sind:
- Zu viele Zitate, zu viel Lobhudelei. Bei Pressemitteilungen gibt es oft zwei Extreme: keine Zitate oder wenig anderes. Beides ist aus jeweils anderen Gründen ungut. Keine Zitate sind oft eine verschenkte Gelegenheit, Botschaften und Wertungen zu platzieren. Zu viele Zitate lassen Texte hingegen unlesbar werden. Die Leser:innen fragen sich: Worum geht es hier noch mal? Bevor ich allen Unternehmensvorständen ein Zitat abluchse, wie toll Projekt XY ist, sollte ich lieber über einen dedizierten Meinungsbeitrag nachdenken.
Und: Zu viel Eigenlob möchte auch niemand lesen. Eine Pressemeldung ist kein Werbetext.
- Sachinhalte in Zitatform gießen. Es ist mir schon untergekommen, dass Kunden unbedingt Zitate in ihren Text bekommen wollten und dafür einfach einen Aussagesatz zum Projekt in Anführungszeichen gesetzt haben. Es kann dem Text durchaus einen menschlichen Anstrich geben, wenn mal eine Person vorkommt statt immer nur das Unternehmen zu nennen – aber dann doch bitte richtig. “Wir haben uns für den Einsatz alternativer Kraftstoffe entschieden” ist nichts, wofür man zusätzliche Abstimmungsschleifen mit der Fachabteilung ins Leben rufen muss. Das sind nicht die Zitate, nach denen Journos schauen.
- Passiv schreiben. Als gelernte Juristin kenne ich den Drang zu Nominalkonstruktionen und passiver Sprache nur zu gut. Gerade mit dem Anspruch möglichst sachlich zu schreiben, verfallen viele in einen passiven Sprachgestus: Das Projekt wurde wie geplant von Unternehmen XY fertiggestellt. Zuerst wurde das Fundament gegossen, nach dem Aushärten wurden die Masten gestockt.
Abgesehen davon, dass sich zu viel Passiv und Substantivierung schnell liest wie Behördensprech, schafft es Distanz zu den Leser:innen – und genau das möchte man doch eigentlich vermeiden. Möchte ich eine Nachricht versenden, in denen meine Organisation als passives, gesichtsloses Etwas irgendwie in Erscheinung tritt – oder als aktiver Macher und Gestalter mit Zielen und Absichten?
Na also.
… wer nach all den Tipps mal sehen möchte, wie’s praktisch gemacht wird, kann sich z.B. bei Reuters umschauen. Treffsichere Überschriften, gut sitzende Zitate. Gerne inspirieren lassen.
Bleibt mir nur noch zu sagen: Viel Spaß beim Schreiben! Und wer noch einen weiteren Geheimtipp zum Thema How-to-Pressemitteilung hat, kann ihn gerne an piep@kibibits.de senden. Wenn er gut ist, teilen wir ihn 😉
Der Text ist geschrieben? Glückwunsch! Das ist aber nicht alles.
Der beste Pressetext ist wertlos, wenn er seine Zielgruppe nicht erreicht. Das schafft man am besten mit einer soliden Mischung aus Relevanz, gepflegten Verteilerlisten und ausgewähltem Bildmaterial. Wie das im Detail aussieht, ist hier nachzulesen.
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