Nachdem wir uns in Teil 1 dieses Not-Just-Another-Podcast-Essays einige grundlegende Gedanken über das Medium Podcast gemacht haben, können wir nun in Medias Res gehen und uns mit den Zielsetzungen und Zielgruppen vo auseinandersetzen. Skizzieren wir ein paar Szenarien an:
1. Zielgruppe: Intern
Hier sollte man sich offen und ehrlich die generelle Frage stellen, ob z.B. Mitarbeiter:innen sich in ihrer Freizeit wirklich mit dem Arbeitgeber beschäftigen möchten. Audioformate haben den Charme, sie nebenbei zur Entspannung zu hören. Es kann gut sein, dass viele Kolleg:innen auf ihrem Heimweg nicht auch noch ihre*n Chef:in im Ohr haben möchten. Hören die Kolleg:innen den Podcast neben der Arbeit? Prima. Dann hören sie entweder nicht richtig hin oder werden von ihrer eigentlichen Tätigkeit abgelenkt. Möchte man das?
1a. Ziel: Information
Möchte ich Informationen via Podcast vermitteln, muss ich mir die Herausforderungen von Audioformaten generell bewusst machen. Wie oben bereits beschrieben, fällt uns Menschen die rein auditive Verarbeitung von Informationen nicht ganz leicht. Man kann nicht „querhören“ – also sich die für einen interessanten Passagen auf die Schnelle raussuchen.
Schnell-Lesen (“Scannen” oder “Skimmen”): Die wichtigsten Informationen ziehe ich mir in wenigen rein: Auf gut 500 Wörter pro Minute Spiegel-Autorin Gunthild Kupitz ihre Schnellleserate mit ein wenig Übung steigern können. Mit gesprochener Sprache funktioniert das natürlich nicht.
Außerdem kann nur umständlich zurückgespult werden. Man muss es den Hörer:innen also so leicht wie möglich machen, Argumentationsketten nachzuvollziehen und Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Das ist nicht einfach aber auch nicht unmöglich. Gesprochene Sprache funktioniert anders als geschriebene.
Unter dem Pseudonym Peter Panter verfasste Kurt Tucholsky um 1930 einige “gute Tipps” für Redner, so u.a.: “Sprich mit langen, langen Sätzen – solchen, bei denen du, der du dich zu Hause, wo du ja die Ruhe, deren du so sehr benötigst, deiner Kinder ungeachtet, hast, vorbereitest, genau weisst, wie das Ende ist, die Nebensätze schön ineinander geschachtelt, so dass der Hörer, ungeduldig auf seinem Sitz hin und her träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummert hat, auf das Ende solcher Periode wartet … nun, ich habe dir eben ein Beispiel gegegeben. So musst du sprechen.”
Eine gute Rede liest ist ziemlich schräg – ein Gastkommentar aus dem Feuilleton laut vorgetragen klingt bei den meisten ungelenk. Ein gutes Skript muss also her, idealerweise gibt es zusätzlich Einspieler und Soundeffekte. Das wird schnell deutlich aufwändiger als ein guter Blogbeitrag.
Besser: Infografiken oder kurze Videos. Auch hier ist eine gute Vorbereitung nötig, um komplexe Sachverhalte gut verständlich zu machen. Der Vorteil von Infografiken (schönes Beispiel) ist, dass man sie jederzeit erneut zu Rate ziehen und sie auf vielen Kanälen einfach zur Verfügung stellen kann. Infovideos (hier ein schönes Beispiel) ergänzen den Podcast um die visuelle Komponente und unterstützen so bei der Informationsverarbeitung.
1b. Ziel: Eine Brücke schlagen zwischen Management und Mitarbeitern
Die oberen Führungsebenen sind oft – gefühlt und tatsächlich – sehr weit weg vom Alltag ihrer MitarbeiterInnen.
Podcasts scheinen hier eine gute Möglichkeit für die Managementebene zu sein, sich ihren Angestellten von ihrer “menschlichen Seite” zu präsentieren. Anders als in Textformaten kann die Stimme Emotion und Nähe transportieren.
Trotzdem sollte man sich auch hier die Frage stellen, was das eigentliche Ziel der Kommunikation ist.
Wenn der/die CEO einmal im Monat für ein Management-Update aus dem Elfenbeinturm herab steigt – werden die MitarbeiterInnen dafür wirklich 20 bis 30 Minuten ihrer Zeit opfern? Oder wollen sie lieber das Wichtigste auf einen Blick lesen und zurück ans Werk? Ein/e CEO ist außerdem nicht automatisch ein/e geborene/r Redner:in. Er wird außerdem kaum Zeit haben, viel zu üben. Ein steifer Auftritt macht sicher mehr kaputt als es nützt.
Außerdem: Kann ich Nähe zwischen zwei Personengruppen erzeugen, wenn ich nur eine zu Wort kommen lasse? Podcasts sind ein eindimensionales Kommunikationsformat. Sie lassen keinen Raum für Dialog oder direktes Feedback. Dabei wären viele Mitarbeiter:innen möglicherweise an einem echten Austausch mit der Führungsebene interessiert.
Besser: (digitale) Townhalls. Nach einem kurzen Update folgt eine moderierte Fragerunde, bei der MitarbeiterInnen direkt mit ihrem Management in den Austausch treten können. Die wichtigsten Infos werden der Belegschaft anschließend schriftlich zur Verfügung gestellt. Ja, mehr Aufwand, aber auch ein ehrliches Bekenntnis zum Dialog. Für die weniger spontanen Manager:innen lässt sich die Fragerunde auch beliebig eingrenzen – z.B. thematisch.
1c. Ziel: Mitarbeiter:innen einbinden, Projekte intern vorstellen
Auch in kleineren Unternehmen und Organisationen bekommen Mitarbeiter:innen oft nicht mit, woran die Kolleg:innen arbeiten. Dabei kann das Teilen von Ideen und Erfolgen über Teams hinweg durchaus inspirieren und motivieren und bieten gute Anlässe für interne Kommunikation.
Ein Podcast, in dem Mitarbeiter:innen im Interview ihre Projekte vorstellen, könnte ein netter Kanal sein.
Hierbei sollten aber die bereits genannten Punkte bedacht werden (Gute Moderation/Schnitt nötig, hören Mitarbeiter Podcasts (ihres Arbeitgebers), begrenzte auditive Informationsvermittlung).
Außerdem: Viele Projekte lassen sich ggf. visuell besser darstellen und begreifen. So können sie auch besser archiviert werden. Durch verschriftlichte Berichte lässt es sich im Nachhinein leichter suchen – und gute Ideen sollten leicht zugänglich sein.
Besser: Mitarbeiterblogs können gut funktionieren (der schon fast legendäre Daimler-Blog funktionierte gute 12 Jahre lang sehr gut).
Die Vorteile: Beiträge lassen sich einfach redigieren, das Archiv ist direkt dabei und lässt sich filtern. Komplexe Themen können bildlich dargestellt werden und die wichtigsten Infos kann man ohne Sound Engineer einfach visuell für Schnellleser aufbereiten. Charmant können auch Videotagebücher sein, deren Ausgestaltung den Mitarbeiter:innen überlassen wird. Gut, etwas Ressourcen für Schnitt und Redaktion sollte man ggf. in der Hinterhand haben. Einige Kolleg:innen freuen sich aber sicher auch über die Gelegenheit, mal etwas aus ihrem sonstigen Tun auszubrechen.
Im dritten Teil kümmern wir uns um die externen Zielgruppen.